Über Eva Engelken
Ich bin Jahrgang 1971, familiäre Wurzeln in Norddeutschland, aber aufgewachsen in Baden-Württemberg. Frau, Mutter von 3 Kindern, selbstständig.
Welche politischen Überzeugungen habe ich?
Politisch habe ich mich immer liberal sozialdemokratisch verordnet – mit einem Staat, der Rahmenbedingungen gestaltet, in dem sowohl freies Unternehmertum möglich ist, während er dem Machtmissbrauch multinationaler Konzerne Großkonzerne klare Schranken setzt. Der Staat beziehungsweise das Gemeinwesen muss auch dafür sorgen, dass die Schwachen, Hilfsbedürftig und unterschiedlich Leistungsfähigen unterstützt werden.
Eine Straße veranschaulicht das am besten: Asphaltiert man die Straße, können dort große, schnelle Autos entlang rasen, Fußgänger haben Probleme, sie gefahrlos zu nutzen oder sie zu überqueren. Für sie braucht es Bürgersteige, Ampeln, Zebrastreifen oder – falls man den Autoverkehr nicht stören will – eine Fußgängerbrücke. Auch andere Verkehrsteilnehmer, Rollstuhlfahrer, Skater, Radfahrer etc. brauchen das.
Übertragen auf unser Gemeinwesen, heißt das, dass ein Staat, der für alle funktionieren soll, für all seine Verkehrsteilnehmer die passenden Wege schafft.
Was halte ich von „starken Hand des Marktes?
Von der in den vergangenen Jahrzehnten um sich greifenden Privatisierung halte ich wenig. Weder Schulen noch die Bahn, noch öffentliche Unternehmen, noch Krankenhäuser, noch Grundlagenforschung lassen sich in Strukturen abbilden, die auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind. Das gilt auch für die Altersvorsorge und Krankenversicherung. Beides sind keine Cashcows für Versicherungskonzerne sondern Bausteine der öffentlichen Daseinsvorsorge. Auch Stadtentwicklung und Wohnungsbau brauchen neben den privaten Immobilienkonzernen starke städtische Player, die für die Bevölkerung bezahlbaren Wohnraum vorhalten kann. Die starke Hand des Marktes wird nicht zu einer heilenden Hand, die auf wundersame Weise Probleme des vermeintlich trägen öffentlichen Apparats löst, sondern sie wird zu einer gierigen Klaue der Kapitalgeber, die das öffentliches Eigentum als Goldgrube ansehen, die sie ausplündern können. Hier hat in den letzten Jahrzehnten eine massive Umverteilung von öffentlichem Eigentum in private Hände stattgefunden, und es ist schwer, aber es muss sein, dass davon wieder viel zurückgegeben, also rekommunalisiert wird. Zugleich muss auch bei den liberalen Parteien ein Umdenken dahin stattfinden, dass der „Markt“ nicht alles regeln kann. Das FDP-Mantrag vom „Leistung muss sich lohnen“ muss mitbedenken, dass Leistung erbracht werden kann, wenn die Ausgangslage stimmt. Das bedeutet Teilhabe
Warum bin ich bei Bündnis 90/Die Grünen eingetreten?
Wie ich hier schildere, bin ich 2018 bei Bündnis 90/Die Grünen eingetreten. Grün steht für mich für Umweltschutz, und das war für mich lange das wichtigste Ziel von Politik überhaupt. Angesichts einer immer sichtbarer werdenden Ökokatastrophe ist dieses Ziel von Politik immer noch wichtiger geworden. Gleichzeitig hat Politik auch die Aufgabe, für ein funktionierendes Gemeinwesen zu sorgen, für soziale Gerechtigkeit, um ein friedliches Miteinander unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten. Hier sehe ich die Grünen auf einem schwierigen Pfad, der mit ihrem Welt- und Menschenbild zusammenhängt. Sie gehen von der Idealvorstellung mündiger Bürgerinnen und Bürger aus, und schieben wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungen gerne beiseite. Menschen sind freundlich, Menschen sind aber auch aggressiv und territorial, und unsere Gesellschaft ist nach wie vor von männlichen Normen geprägt. Ich habe nichts gegen Idealismus, aber er muss sich an der Realität messen lassen. Dazu, habe ich festgestellt, fehlt vielen Grünen der Wille. Noch schlimmer: Sie halten sich die Augen zu und schlagen auf die ein, die die die Konsequenzen unrealistischer Politik ansprechen.
Daher bin ich mir aktuell nicht mehr sicher, ob die Grünen noch meine Partei sind. Doch anderen Frauen geht es genau so. Und da ist es doch besser, zu bleiben und zu kämpfen.
Die Grünen: Schwieriges Verhältnis zu Frauen
Hinzu kommt: Die Grünen sind lang nicht so feministisch oder „pro Frauen“ wie sie nach außen behaupten. Teilweise sind sie bewusst oder unbewusst frauenfeindlicher als andere traditionellere Parteien. Die in der Gesellschaft vorhandene Abwertung von Frauen ist auch bei den Grünen stark ausgeprägt. Dass Annalena Kandidatin wurde, haben ihr viele übelgenommen, Dass sie, auch wenn sie politisch vielleicht noch nicht so weit war und ihren Lebenslauf aufgehübscht hat und nun an Stimmen einbüßt, wird ihr schwer angekreidet. Auch sonst stehen in der Grünen Partei nicht auf einer Ebene mit Männern. Junge Frauen von der Grünen Jugend werden gehypt. Ältere, vor allem kritische Frauen, schiebt man an den Rand. Die harten Frauenthemen sind bei den Grünen nur teilweise gut besetzt. Eine frauenfreundliche Position besteht zum Thema Schwangerschaftsabbruch, erste gute Ansätze gibt es für Kinder und Alleinerziehende. Bei anderen Themen, die vor allem die große Masse armer Frauen betrifft, haben die Grünen Probleme. Mit kritischen Positionen zu Prostitution, Identitätspolitik, Einwanderung/Islamismus erhalten Frauen wie ich Gegenwind, werden aus Diskussionsforen ausgeschlossen und der Feindlichkeit (LIN) bezichtigt. Wer wie die jungen Frauen der Grünen Jugend dagegen die Mehrheitspositionen in Bezug auf Vielfalt nachplappert, sich als „queer“, „intersektional“, „antirassistisch“, „sexworkerinnenfreundlich“ etc. bezeichnet oder sich den Kampf gegen „Transfeindlichkeit“, „Diskriminierung“ oder „antimusliminischen Rassismus“ auf die Fahnen schreibt, erntet Applaus und Posten. Das schadet nicht nur der Gleichberechtigung der Gesellschaft ingesamt. Es trägt auch nicht dazu bei, dass gute Leute nach oben kommen – das gilt für Frauen und Männer – denn Leistung und Kompetenz zählen in dieser Partei weniger als das richtige Denken und Sprechen. Das fördert Mitläufer und Einheitsdenken.
Warum bin ich nicht früher in die Politik gegangen?
Inzwischen frage ich mich das auch: Warum bin ich nicht früher in die Politik gegangen? Es macht mir große Freude, mich in Gesetzesvorhaben einzuarbeiten, Vorschlage zu erarbeiten und auszuformulieren. Hierbei kommen mir mein Jurastudium und mein Beruf, das Schreiben, zugute. Und wenn ich sehe, wie viele junge Frauen bei den Grünen aktiv sind und schon in sehr jungen Jahren Verantwortung übernehmen, wünschte ich, ich hätte vielleicht eher den Schritt gewagt. Andererseits hätte ich vorher mit Job und Familie nicht die Zeit gehabt. Dazu mussten meine Kinder so groß werden, dass ich die Zeit hatte. Wichtiger vielleicht noch: Ich hatte nicht den Mumm, tatsächlich zu streiten und Konflikte und Gegenwind auszuhalten. Und das ist in der Politik nötig.
Ich bin nicht rechts
Wie hier beschrieben, werden Personen, die die Identitätspolitik und anderes kritisieren, schon fast reflexhaft in die rechte Ecke geschoben. Auch ich wurde schon abgestempelt, aber auch Bekannte haben mit großen Augen oder besorgter Stimme gefragt: „Eva, du bist hoffentlich nicht falsch abgebogen?“ Von daher zur Klarstellung: Ich bin nicht rechts, ich verabscheue die AfD, die für eine neoliberale und frauenunfreundliche Politik steht und Rassisten und Neonazis in ihren Reihen duldet. Als Frau wie ich für eine frauenfreundliche, sozial gerechte Politik zu sein und gegen die Ausbeutung von Müttern zu kämpfen, verträgt sich nicht mit Positionen, die Frauen eine Rolle am Herd zuweisen und ihr die Entscheidung über den eigenen Körper nehmen. Ganz abgesehen von den anderen politischen Positionen der konservativen und extremen Rechten, die ich ablehne.
„Eva, wenn du nicht rechts bist, warum vertrittst du dann AfD-Positionen?“
Ich vertrete keine AfD-Positionen. Allerding sprechen ich und andere grüne Frauen und Männer Themen an, die auch von der AfD aufgegriffen werden. Beispiel Einwanderung: Wir zeichnen keine Weltuntergangsphantasien à la „Islamisierung des Abendlandes“, aber wir weisen darauf hin, dass es im praktischen Leben Probleme macht, wenn Männer aus patriarchal geprägten Kulturen auf Lehrerinnen, Polizistinnen, Beamtinnen, Frauen auf der Straße oder im Park treffen. Allgemeiner gesprochen, kollidiert eine Kultur, die Frauen einen Platz in der zweiten Reihe zuweist, mit unseren Werten Freiheit, (sexuelle) Selbstbestimmung, Gleichberechtigung im Beruf und Teilhabe am öffentlichen Leben. Die Gleichberechtigung ist auch im „Westen“ alles andere als gesichert. Also muss man Grenzen setzen, um unsere Werte zu verteidigen. Damit verteidigen wir konsequent feministischen Frauen kein antiquiertes Familienbild, das den Mann als „Herrn im Haus“ betrachtet, sondern wir verteidigen unsere Freiheit. Wohin eine radikal patriarchale Kultur führt, sieht man an den Taliban, die mit Maschinengewehr in der Hand Frauen aus dem Leben und ins Haus jagen.
Dieses Thema und andere Themen anzusprechen, ist als Frau überlebensnotwendig. Wenn weite Teile meiner Partei das aus Angst vor Rassismus nicht tun, tun es Parteien wie die AfD. Das schadet den guten Anliegen der Grünen, und es schwächt die Partei. Für nicht wenige Menschen ist das Unter-den-Tisch-Kehren von Problemen (z.B. mit der Migration) ein Grund, den Grünen den Rücken zu kehren, und womöglich sogar zur AfD zu wechseln.
Ich bleibe und kämpfe
Soweit an dieser Stelle zu mir. Ich bleibe, und ich kämpfe, und wo ich mit meinen Themen, dem Eintreten für Freiheit und Gerechtigkeit für Frauen und Mütter bei den Grünen nicht weiterkomme, vernetze ich mich überparteilich mit anderen Frauen. z.B. hier bei www.fairplayfuerfrauen.org
Bücher
Eva Engelken hat als Juristin und Kommunikationsberaterin (klartext-anwalt.de) mit ihren humorvollen Ratgebern „Klartext für Anwälte“ und „111 Gründe, Anwälte zu hassen“ bisher vor allem die Juristenwelt begeistert. Mit ihrem Liebesroman-Debüt „Drei Küsse für Herkules“ geht sie an die Beziehungsfront und seziert den Stoff, aus dem Affären sind.