
Johanna Köster-Lange ist ein Chamäleon. Ihre Kunden und Kundinnen beglückt sie unter anderem mit Wortwitz und Corporate Language, mit ihren Zeichnungen „zwischen 2 Stühlen“ bringt sie die Welt buchstäblich aus dieser Perspektive auf den Punkt.

Johanna, wie bist du zu der geworden, die du jetzt bist?
Ich habe Sprach- und Literaturwissenschaften studiert, unter anderem in Frankreich und im Zuge der Perestroika-Euphorie in Russland, und am Ende sogar promoviert. Dann habe ich fluchtartig den Wissenschaftsbetrieb verlassen und bin in einer wunderbaren PR-Agentur am Niederrhein gelandet.
Dass ich mal als Käseverkäuferin gejobbt hatte, war in meinem ersten Projekt – PR für französischen Käse – überaus nützlich. Wie so vieles, was man halt so nebenher macht. 2001 kam ich „der Liebe wegen“ hochschwanger nach Bremen und machte mich quasi aus dem Wochenbett heraus als Texterin selbstständig. Reelles Elterngeld gab es damals noch nicht und ich hatte auch keine Lust zu pausieren.
2015 habe ich angefangen zu bloggen und Zeichnungen zu veröffentlichen. Inzwischen zeichne ich auch beruflich, wenn es sich ergibt. Mit dem Bloggen bin ich durch Zufall auch in der Sketchnoting- und Handlettering-Community gelandet. Am aktivsten bin ich zurzeit auf Instagram, weil ich da Kurztexte und Bilder gut kombinieren kann.
Was ist deine Mission? Oder anders gefragt: Was gibst du oder willst du der Welt geben, das nur eine Johanna zwischen 2 Stühlen ihr geben kann?
Ich bringe gern Dinge auf den Punkt.
Klare Worte und Pointen richtig zu dosieren und meinen schwarzen Humor in der Schublade zu lassen, wenn er nicht angebracht ist, daran arbeite ich täglich.
Ich weiß aber auch, dass es Menschen hilft, wenn ich schnelle Entscheidungen treffe oder nach einem kurzen Überblick eine Empfehlung abgebe, privat oder im Beruf. Auch bei meinen Zeichnungen mag ich den schnellen Strich. Sorgfältiges Malen ist nicht so mein Ding. Tatsächlich würde ich mich gern in Richtung politische oder sozialkritische Karikatur weiterentwickeln. Vielleicht könnte ich damit sogar etwas bewegen.

Was sind deine Forderung an die Bundeskanzlerin oder andere Menschen an den Schalthebeln der Macht?
Chancengleichheit in die Wirklichkeit umzusetzen ist meiner Meinung nach eine der Hauptaufgaben, die die Politik (und wir alle) zeitnah in Angriff nehmen müssen, damit uns unsere gespaltene Gesellschaft nicht um die Ohren fliegt.
Ein wichtiger Aspekt ist Bildungsgerechtigkeit.
Ein zweiter wichtiger Punkt ist eine Familienpolitik mit mehr Gerechtigkeit für Alleinerziehende, vor allem Steuergerechtigkeit, denn das hat viel mit Kinderarmut in Deutschland zu tun.
Auf globaler Ebene wünsche ich mir, dass deutsche und europäische Politiker sich vehement für den Klimaschutz einsetzen und uns auch hier im vermeintlich sicheren Europa mehr Opfer abfordern. Mit den Fingern auf andere Weltregionen zu zeigen und zu behaupten, der oder die Einzelne könne ja sowieso nichts tun, hilft nicht weiter.
Was würdest du Frauen mit auf den Weg geben, die gerade erst in die Ausbildung oder den Beruf starten?

„Folge deinem Herzen, aber nimm den Kopf mit.“
Der Spruch ist nicht von mir, aber ich mag ihn, denn ich denke, man kann eine Ausbildung oder ein Studium nur dann mit vollem Elan durchziehen, wenn man für das Thema oder die Branche brennt. Aber sich vorher zu überlegen, wo frau in drei oder fünf Jahren stehen und was sie möglicherweise bewirken oder bewegen möchte, kann auch nicht schaden.
Ich selbst würde rückblickend etwas ganz anderes studieren, Medizin oder ein MINT-Fach.
Was mir persönlich und auch für den Job aber am meisten mitgegeben hat, waren meine Auslandszeiten als Studentin. Diese Art, die Welt kennen zu lernen und neue Perspektiven einzunehmen, auch mit Blick auf die eigene Identität und die eigenen Werte, kann ich jeder jungen Frau (und jedem jungen Mann) empfehlen.

Zwischen 2 Stühlen zu sitzen oder zwischen 20 plus X Aufgaben hin und her zu jonglieren, ist ja ziemlich anstrengend. Noch dazu, wenn man immer jede Menge neuer Ideen kreiert. Wo und wie tankst du auf?
Tatsächlich gibt mir genau dieses Hin und Her zwischen ganz unterschiedlichen Themen und Menschen eine ganze Menge Energie und Inspiration.
Wenn es beim Texten gerade hakt, zeichne oder lettere ich etwas.
Da kann ich mich gut abreagieren, die Ideen sprudeln und das hübscht dann wiederum die Sprache auf.
Ein, zwei Tage lang etwas ganz anderes zu tun als das, was mich gerade beansprucht, ist für mich dann ein echter Kopfputz.
Ein Barcamp besuchen, eine Sprache lernen, Doppelkopf spielen, mit alten Freundinnen wandern oder eine Stadt erkunden – da ist es wie mit dem belebenden Summen der Kaffeemaschine: Schon das Geräusch der Trolleyräder auf dem Weg zur Bahn beamt mich in eine andere Welt, in die ich dann ganz abtauche. Wenn das mit Leuten passiert, die ich schon sehr lange kenne, fühle ich mich auch gleich noch jung und frisch. Seit die Kinder größer sind, können mein Mann und ich uns schon mal von der Herde entfernen, zumindest einzeln. Ansonsten kann ich als mentale Blitzkur meditativen Gehölzschnitt empfehlen. Da muss dann allerdings die Jahreszeit stimmen.
Danke, liebe Johanna für deine inspirierenden Antworten. Ich freue mich auf deine nächsten Zeichnungen und ganz besonders gespannt bin ich auf deine politischen Karikaturen!
Johanna Köster-Lange im Netz
Business: Wortbildung Klartext: https://jkl-wortbildung.de/
Blog: Zwischen 2 Stühlen: https://zwischen2stuehlen.de/
Instagram: Zwischen2stuehlen: https://www.instagram.com/zwischen2stuehlen/
In der Rubrik Vorbilder erzählen gestandene Frauen, warum sie wurden, was sie sind, was sie motiviert, was nur sie der Welt geben können und was sie tun, um wieder aufzutanken.
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