In der Frage der Verschleierung von Frauen habe ich die Äußerungen des Schleswig-Holsteiner Landesvorstandes mit großer Skepsis verfolgt. Und ich bin sehr froh, dass sich die Jamaika-Koalition in Kiel schließlich auf ein Verbot der Vollverschleierung geeinigt hat. Und noch froher bin ich, dass der Grünen-Vorstand Robert Habeck deutlich gesagt hat, was ein Gesichtsschleier ist: „Das Tragen von Niqab und Burka ist für mich und alle in meiner Partei ein Symbol für die Unterdrückung von Frauen“, Und das, wo die Grünen-Landeschefin Ann-Kathrin Tranziska bei der Landtagsanhörung noch betont hatte, dass sie ein Verbot der Vollverschleierung ablehne. Laut NDR sagte sie: „Eine weltoffene und rechtsstaatliche Gesellschaft zeichnet aus, dass religiöse Symbole getragen oder auf sie verzichtet werden kann.“
Was Tranziska übersieht: Religion ist immer auch politisch. Religiöse Gebräuche zeugen von einer gesellschaftlichen und politischen Vorstellung und zementieren diese. Der weiße Schleier, den die Braut hierzulande noch häufig trägt, ist ursprünglich ein Symbol für die Reinheit, Unbeflecktheit oder gar Jungfräulichkeit der Braut. Und es gab Zeiten, da hing sehr viel davon ab, dass die Braut jungfräulich in die Ehe ging. Gottseidank schreibt hierzulande niemand mehr Frauen vor, dass sie Jungfrau sein müssen, wenn sie heiraten. Wäre es vorgeschrieben, wäre diese Vorschrift ein Instrument der Unterdrückung von Frauen.
Genauso ist es mit dem Schleier. Ihn Frauen vorzuschreiben und sie ansonsten als ehrlos oder unfromm abzustempeln, ist ein Instrument der Unterdrückung. Noch dazu eines, das nur für Frauen gilt. Männer müssen soviel ich weiß, keine Burka und keinen Niqab tragen.
Umso weniger verstehe ich es, wenn Frauen der grünen Partei, die doch im Kern für Gleichberechtigung und Freiheit der Frauen steht, mit einem Angriff auf diese Frauen derartig lässig umgeht. Es geht beim Gesichtsschleier oder bei der Burka nicht um die Frage, ob die Ärmel halb- oder dreiviertellang sein dürfen.
Es geht um Vollverschleierung. Das ist nicht nur ein kleines Symbol, das man sich als Anstecknadel ansteckt oder nicht. Es geht um eine echte Einschränkung der Bewegungsfreiheit.
Verschleierte Mädchen können nur erschwert am Sportunterricht teilnehmen. Sie müssen sich verrenken, wenn sie ins Schwimmbad wollen. Mit extra Badekleidung oder zu männerfreien Zeiten ins Freibad gehen, sie können sich nicht in Gemeinschaftsumkleiden umkleiden. Das macht es schwierig bis unmöglich, gemeinsam auf Klassenfahrten zu gehen.
Abgesehen davon führt es eine Zweiklassenweiblichkeit in der Schule ein. Oder auch in der Uni Wenn die Kinder nämlich lernen, dass eine anständige Frau einen Schleier trägt, sind zwangsläufig alle Frauen, die keinen Schleier tragen, unanständige Frauen.
Das führt im Ergebnis Verhältnisse ein wie im alten Rom oder Athen, wo die anständigen Frauen, die einen Mann hatten, der als ihr Beschützer und Gebieter galt, einen Schleier tragen mussten, während die Prostituierten keinen Schleier tragen durften.
In jedem Fall spaltet ein Schleier die Frauen. Das gilt es zu verhindern. Glücklicherweise sagt die Bürgermeisterkandidatin der Grünen in Hamburg, Katharina Fegebank, zum Schleier das, was er ist: ein politisches Unterdrückungselement.
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