Passend zu weihnachtlichem Kerzenschein beschäftigt sich dieser Beitrag mit den Nebelkerzen der Trans-Rechts-Aktivisten-(TRA-)Lobby. Wer am 2. November eingeschaltet hat, wird sich erinnen: Die Anhörung zum #Selbstbestimmungsgesetz war mehr als unbefriedigend für alle, die sich für #Frauenrechte und #Kinderschutz einsetzen und gehofft hatten, Vernunft und gut begründete Bedenken gegen einen schrankenlosen Geschlechtswechsel würden Gehör finden. Eine BDK und ein Keira-Bell-Urteil später kann man konstatieren: Die deutsche Pro-TRA-Lobby folgt eins zu eins der Kommunikationsstrategie der internationalen TRA-Lobby Dentons, Iglyo und Thomsen Reuters. Im Klartext: Unliebsame Fakten bleiben außen vor, Sachargumente werden verdreht und selbst das Bundesverfassungsgericht wird falsch wiedergegeben. Am Ende im Wortlaut: die Replik des Berliner Lesbenzentrums LAZ, die der Lobby-Sachverständigen Prof. Dr. Ulrike Lembke die Note Sechs gibt.
Translobby-Handreichung mit Kommunikationstipps
Kommunikationstipps der internationalen Translobby
Diese hier im Blog schon mehrfach erwähnte Handreichung empfiehlt sinngemäß:
- Knüpfen Sie die frauenfeindliche Self-ID (=Selbstbestimmungsgesetz) an andere populäre Menschenrechtsthemen, spannen Sie sozusagen zugkräftige Lokomotiven vor
- Spielen Sie die medizinischen Folgen einer Transition herunter und vermeiden Sie mediale Aufmerksamkeit für das Thema
- Vermeiden Sie über Begriffsverwirrung eine klare Diskussion
Desweiteren folgten die beteiligten Vertreter der frauenfeindlichen Transrechtsaktivisten den Regeln der schwarzen Rhetorik:
- Verächtlichmachen und persönliche Angriffe
- Feindbildaufbau
Und noch etwas kam am 2. November vor: hanebüchene juristische Argumentationen.
… mustergültig umgesetzt bei der Anhörung am 2.11. zum #Selbstbestimmungsgesetz
In der Anhörung am 2.11. (Blogbeitrag mit allen Nachweisen) zum Selbstbestimmungsrecht war alles vorhanden. Debattiert wurde über Entschädigungszahlungen an zwangssterilisierte Transsexuelle, über schädliche Operationen an Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung (sog. Intersexuelle), hingegen ging niemand aus der Pro-Selbstbestimmungsgesetzes-Lobby auf den skandalösen Umstand ein, dass sich immer junge Frauen aufgrund einer vermeintlichen Transidentität dazu bringen lassen, mit Testosteron ihre Stimmen tief machen und sich im Extremfall ihre Brüste und Eierstöcke amputieren zu lassen. Mehr dazu hier. Hingegen wurde der einzige Mediziner der Runde, Dr. Alexander Korte, als Stimme der Vernunft persönlich angegriffen, etwa vom SPD-Abgeordneten Brunner, der äußerte, dass er vom Uniklinikum München anderes gewohnt sei. Weiträumig umschifft wurden die Folgen des Gesetzes für Frauenrechte.
Nicht unclever – aus Sicht der TRA-Lobby – war auch die Anordnung der Sachverständigen. Diejenigen, die als Kritiker der Gesetzentwürfe die Sache der Frauen und Jugendlichen vertraten, waren männlich: Dr. Alexander Korte und Juraprofessor Florian Becker. Die Vertreterinnen der TRA-Lobby hingegen waren weiblich oder trans. Neben der Psychologin Laura Adamietz und Kalle Hümpfner (Transverband) waren dies zwei Juristinnen: Prof. Dr. jur. Ulrike Lembke und Prof. Dr. jur. Katharina Mangold.
Die Realität ausgeblendet: Vom Elfenbeinturm aus betrachtet, ist ein Unisex-Knast bestimmt toll
Beide Juristinnen waren rhetorisch gewandt, wenn auch hörbar in Sphären unterwegs, wo man um den Goldenen Award der juristischen Haarspalterei wetteifert. Professorin Lembke verortete sich von Anfang an im wissenschaftlichen Elfenbeinturm, als sie sich zum Begriff Geschlecht ausließ. Sie gab an, die rechtliche Sicht vertreten zu wollen, verwies aber unlogischerweise sogleich auf die „internationale medizinische und biologische Forschung“, nach der „Geschlecht“ „multifaktoriell“, „prozesshaft“ und „veränderbar“ sei und „nicht statisch und angeboren“.
Damit war eigentlich alles gesagt über Lembkes Unwillen, sich mit der gelebten geschlechtlichen Realität von Frauen auseinanderzusetzen. Und leider war damit auch klar, dass es ihr nicht darum ging, was ihr gut angestanden hätte, eine Lösung vorzuschlagen, wie man die Persönlichkeitsrechte von transidenten oder gendernonkonformen Menschen schützt, ohne dabei Frauen erneut zu entrechten.
Diese Realitätsferne unterstrich Lembke eindrucksvoll im Laufe der Diskussion, etwa als sie über Unisex-Strafvollzugsanstalten sprach und ihrer Meinung Ausdruck verlieh, sie glaube „an den Rechtsstaat“, der etwaige Ungerechtigkeiten schon per Urteil beseitigen werde.
Was ihr vielleicht im Staub der juristischen Fachbibliotheken entgangen ist: Wir haben einen halbwegs funktioniertenden Schutzmechanismus, der Frauen im Strafvollzug vor männlicher Vergewaltigung schützt: er heißt Frauenknast. Für eine Juraprofessorin mag die Vorstellung ergötzlich sein, einen verfassungsrechtskonformen Unisex-Strafvollzug einzurichten, mir erscheint es wichtiger, dass ein Knast dem Real Life standhält. Ich unterstütze deshalb die Engländerinnen, die gegen Transgender-Gefängnisse auf die Barrikaden gehen. Und das würde ich ganz dringend meinen grünen Parteifreundinnen und -freunden empfehlen, die das #Selbstbestimmungsgesetz unkritisch bejubeln.
Das Plädoyer der Autorin für Unisex-Toiletten und gemischten Strafvollzug verhöhnt die Erfahrungen der Britinnen, welche über sexuelle Belästigung bis hin zur Vergewaltigung von Frauen durch Trans-Personen in Unisex-Toiletten und im Strafvollzug klagen“
LAZ-Rechtanwältin Gunda Schumann in Replik auf Ulrike Lembkes Stellungnahme ( Pdf Download)
Die realen Attacken gegen echte Frauen ausgeblendet: TRA-Lobby-Juristinnen beschimpfen Frauen als Terfs
Auch die zweite Pro-Translobby-Sachverständige, Juraprofessorin Dr. Anna Katharina Mangold, erfüllte ihr Lobby-Mandat hervorragend und folgte den eingangs skizzierten Kommunikationstipps. Auch das ist umso bedauerlicher, als Mangold sich einst zur Feministin erklärt und in ihrem professoralen Werdegang vom feministischen Support ihrer Mentorin profitiert hatte. Doch diese feministische Anwandlung scheint Geschichte zu sein, denn am Anhörungstag war sie sich nicht zu schade, auf Twitter Frauen, die Frauenrechte in den Mittelpunkt zu stellen, als „Terf“ zu verunglimpfen.
Weiß Mangold, dass gegen „Terfs“ mittlerweile Morddrohungen herumschwirren? Und dass Frauen, die im Netz nichts weiter tun, als konsequent Frauenrechte zu verteidigen, Bilder von zerschlagenen Wänden oder Schlimmerem zugeschickt bekommen?
Juristische Haarspalterei: Das Geschlecht ist entbehrlich, es sei denn, es ist unentbehrlich
Ohne Mangold direkt Widersprüchlichkeit vorzuwerfen, hat sie mich inhaltlich streckenweise verwirrt. Zunächst befand sie, dass ein „zwangsweise“ vorgenommenener gesetzlicher Geschlechtseintrag „entbehrlich“ sei , auch wenn sie großzügig ein „rechtliches Ordnungsinteresse“ an einem nachhaltig aussagekräftigen Geschlechtseintrag einräumte, wie es zum Beispiel auch Professor Florian Becker im Einklang mit dem Bundesverfassungsgericht für gegeben hielt.
Ganz anders hörte sich Mangold an, als sie sich zur Notwendigkeit eines bußgeldbewehrten Offenbarungsverbots äußerte. Dieses findet Mangold nötig, und hier ist ihr offenbar das Geschlecht bzw. die richtige Geschlechtsidentität als (Trans)Frau nun doch wichtig.
Hintergrund für alle: Das von Bündnis 90/Die Grünen und FDP eingebrachte #Selbstbestimmungsgesetz bestraft die „Offenbarung“, dass eine Transfrau mal ein Mann war, respektive nach Transwording einem falschen Geschlecht „zugewiesen“ war, mit bis zu 2.500 Euro.
Wunschdenken oder schlicht Lüge? „Im Ausland haben wir nur gute Erfahrungen mit der Self-ID gemacht“
Einzelne Abschnitte der Anhörung waren wie eine Lehrstunde im Fake-News-Verbreiten. Etwa die Behauptung, mit der Self-ID, die in Argentininen seit 2012 gilt, habe es nur gute Erfahrungen gegeben. Diese Behauptung entbehrt jeglicher Grundlage. Von Bündnis 90/Die Grünen und FDP benannte Sachverständige sollten so viel Anstand an den Tag legen, dass sie die zahlreichen schlechten Erfahrungen, die es mit dem Machismo, gepaart mit einer auf subjektiver Geschlechtsidentität beruhender Genderselbstidentifikation in Argentinien gibt, nicht umdeuten in „gute Erfahrungen“.
Bei dem hier einkopierten Tweet hat irgendjemand auf Twitter beantragt, ihn sperren zu lassen, aber das hat Twitter abgelehnt.
Lesetipp Frauenwiki
- Wie unwissenschaftlich und aggressiv Frauenbedenken abgewimmelt werden und wie unsachlich selbst Bundestagsabgeordnete mit Begriffen wie „transfeindlich“ oder „Terf“ um sich schmeißen, hat Victoria Feuerstein im Feministwiki dokumentiert.
Nicht erörtert: Warum transitionieren immer mehr Jugendliche, vor allem Mädchen?
Weder bei der Anhörung noch im öffentlichen Diskurs danach wurde jemals erörtert, warum immer mehr Jugendliche und hier wiederum viel mehr Mädchen als Jungen transitionieren. Dr. Korte sprach die Gefahr an. Der TRA-Lobbyseite war und ist dieses Phänomen keinen Satz wert.
Woran liegt das offensive Desinteresse? Fließen hier Drittmittel für Forschungsvorhaben? Es mutet doch merkwürdig an, dass die, zumindest in früheren Jahren pharmakritische grüne Bundestagsfraktion dazu kein Wort verliert.
Folgen die Transrechtsaktivistin und ihre parlamentarischen Unterstützer in den Parteien den Empfehlungen des Igylo-Dentons-Papiers? Der Spiritus Rektor des #Selbstbestimmungsgesetzes, die Handreichung der PPT-Lobby enthält auch hierzu kommunikationsstrategische Tipps.
- Lobby-Tipp: „Medizinische Fragen aus der Kampagne raushalten“
Dazu passen würde das Desinteresse der Translobbyisten am Fall Keira Bell, der am 1. Dezember vom Londoner High Court zugunsten von Keira Bell entschieden wurde (Link zum Blogbeitrag mit weiteren Nachweisen).
Nicht erörtert: Warum ist es eigentlich nötig, wegen einer subjektiven Geschlechtsidentität das amtliche Geburtsregister zu ändern?
Natürlich darf sich jeder fühlen und anziehen wie er will, und natürlich sollte niemand dafür diskriminiert werden. Aber warum muss dafür jeweils der Personenstand gewechselt werden? Diese eigentlich selbstverständliche Frage wurde weder in der Anhörung noch in der öffentlichen Debatte davor und danach erörtert.
Dabei hatte der sachverständige Jurist Florian Becker in seinem Gutachten gefordert, zumindest nachzuweisen, warum der Geschlechtseintrag geändert werden müsse, um die geschlechtliche Selbstbestimmung zu verwirklichen. Becker sprach von einem Nachweis der Plausibilität und Nachhaltigkeit des Geschlechtseintrags.
Wie sahen das die von der TRA-Lobby beauftraten Juristinnen Mangold und Lembke? Sie taten das von Becker erwähnte Bedürfnis nach einem aussagekräftigen Geschlechtseintrag geringschätzig als „ordnungspolitische Erwägungen“ ab.
Nicht erörtert: Warum werden Trans und Inter immer zusammengeworfen?
Bei der Anhörung nicht erörtert wurde die sehr wichtige Frage, warum die TRA-Lobby und ihre parlamentarischen Vertreter so erpicht darauf sind, „Trans“ und „Inter“ immer gemeinsam zu verhandeln. Dr. Alexander Korte erläuterte sehr klar, dass man beide nicht über einen Kamm scheren könne. Es macht einen Unterschied, ob ein Mensch körperlich „aufgrund einer DSD-Kondition“ möglicherweise nicht klar männlich oder weiblich ist und das logische Bedürfnis hat, sich einem Geschlecht zuzuordnen. Oder ob jemand körperlich eindeutig männlich oder weiblich ist, sich aber subjektiv im falschen Körper fühlt.
Der einzige Grund für diese unvernünftige Gleichsetzung ist der, dass man Verwirrung stiften will, um die Genderself-ID durchzuboxen. Oder es liegt daran, dass es im Zusammenhang mit Intersexuellen tatsächlich Menschenrechtsverletzungen gibt und man diese heranzieht, um die Self-ID auch für Transpersonen argumentativ zu untermauern.
Tipp der Igylo-Handreichung: immer mit populären Menchenrechtsthemen vermischen
Die enttarnte Lüge: Das Bundesverfassungsgericht bewertet Trans und Inter nicht gleich
Um das Recht auf einen Personenstandswechsel und auf rechtlichen Schutz einer Transidentität rechtlich zu verankern, zieht die TRA-Lobby sogar das Verfassungsgericht heran. Entsprechend verwiesen die Juristinnen Lembke und Mangold in der Anhörungen und in ihren Stellungnahmen auf das Verfassungsgericht. Allerdings gingen sie dabei ungenau vor. Professorin Lembke tat so, als sei „Intergeschlechtlich“ und „Transgeschlechtlich“ verfassungsrechtlich ein und dasselbe. Juraprofessorin Dr. Ulrike Lembke ließ es so aussehen, als sei es vom Bundesverfassungsgericht bereits anerkannt, als gelte das Recht intersexueller Menschen, ihr Geschlecht selbst zu bestimmen, gleichermaßen für Transmenschen.
Das Verständnis von Geschlechtsidentität als zentral für die geschützte Persönlichkeitsentfaltung wurde von der Transgender-Rechtsprechung bruchlos auf die rechtliche Bewertung von Intersexualität übertragen.
Prof. Dr. Ulrike Lembke Stellungnahme (Pdf Download)
Das ist natürlich falsch und im Zusammenhang mit der Anhörung eine ziemliche Irreführung. Um diese Gleichsetzung herbeizuführen, hat ihre Kollegin Mangold erst im Sommer 2020 eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Wenn die von Lembke behauptete Übertragung bereits stattgefunden hätte, warum bräuchte es dann noch eine Verfassungsbeschwerde von Mangold?
Wie die Juristin des LAZ, Rechtanwältin Gunda Schumann erläutert, unterscheidet auch das Bundesverfassungsgericht zwischen Trans und Inter.
Ich veröffentliche hier mit freundlicher Genehmigung der Autorin Gunda Schumann ihre
Replik zur Stellungnahme von Prof. Dr. Ulrike Lembke [zitiert: Autorin] vom 31.10.2020: Öffentliche Anhörung im ST-Innenausschuss vom 02.11.2020 zu den GE von Bündnis 90/Oie Grünen, FDP und Die Linke, Ausschussdrucksache 19(4)626 E neu
An die Mitglieder des Ausschusses für Inneres und Heimat des Deutschen Bundestages
Berlin, den 04.12.2020
Öffentliche Anhörung 02.11.2020 Gesetzentwurf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Selbstbestimmung,
Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Transsexuellengesetzes und Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes (SelbstbestG) vom 10.06.2020 Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, ST-Drucksache 19/20048, 19/19755, 19/17791
Unsere Stellungnahme zum Gesetzentwurf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Selbstbestimmung, Ausschussdrucksache 19(4)628
Stellungnahme Prof. Dr. Ulrike Lembke, Humboldt-Universität zu Berlin, Ausschussdrucksache 19(4)626 E neu
Replik des Lesbischen Aktionszentrums reloaded e.V. zur Stellungnahme von Prof. Dr. Ulrike Lembke (Anlage)
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
als Vereinigung, die für die Nachhaltigkeit der erlangten Rechte für Frauen und Lesben eintritt, möchten wir Ihnen zu der o.g. Stellungnahme von Frau Prof. Dr. Ulrike Lembke, Humboldt Universität zu Berlin, unsere Replik übersenden (Anlage).
Die Stellungnahme von Frau Prof. Dr. Lembke halten wir in Teilen für unsachlich und unrichtig und bedarf daher eines Korrektivs, insbesondere wird die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht wahrheitsgetreu interpretiert.
Da die Gesetzentwürfe der drei Oppositionsparteien noch im Geschäftsgang sein dürften, gehen wir davon aus, dass unsere Replik auf die Stellungnahme von Frau Prof. Dr. Lembke Sie bei Ihrem Bemühen um eine wohl durchdachte Beschlussfassung unterstützen wird.
Eine zukünftige Einbindung und Hinzuziehung unserer Expertise in die weiteren Entscheidungsfindungen, die die Rechte von Frauen und Lesben tangieren, würden wir sehr begrüßen.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Christiane Härdel
Für den Vorstaund
—–
Anlage: An die Mitglieder des Ausschusses für Inneres und Heimat
Berlin, den 04.12.2020
Replik zur Stellungnahme von Prof. Dr. Ulrike Lembke [zitiert: Autorin] vom 31.10.2020: Öffentliche Anhörung im ST-Innenausschuss vom 02.11.2020 zu den GE von Bündnis 90/Oie Grünen, FDP und Die Linke, Ausschussdrucksache 19(4)626 E neu1
1. Die verfassungsrechtliche Ausgangslage
1.1. Verfassungsrecht: Vom Persönlichkeitsrecht zum Diskriminierungsschutz
In dem Bemühen, der „Geschlechtsidentitä“t, welche nach Lesart der Queertheorie unabhängig vom körperlichen Geschlecht existiert, einen umfassenden grundgesetzlichen Diskriminierungsschutz angedeihen zu lassen, wird die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur sog. Dritten Option2 schlicht auf andere sexuelle Minderheiten, nämlich Trans-Personen, ausgedehnt.3
Diese kühne Interpretation der Verfassungsrechtsprechung ignoriert die feine Abstufung, welche das BVerfG bisher in seiner Beurteilung der Rechte sexueller Minderheiten vorgenommen hat.
In zahlreichen Entscheidungen zum Transsexuellengesetz (TSG) hat das BVerfG festgestellt, dass Trans-Personen auf der Grundlage des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ein Recht auf rechtliche Anerkennung ihrer selbstbestimmten „Geschlechtsidentität“4 haben. Das Diskriminierungsverbot nach Art. 3 Abs. 1, 3 GG hat es indes nicht herangezogen.5
- 1https:llwww.bundestaq.de/ausschuessela04innenausschussal nhoerunqen#url=L2F1c3NiaHV/c3NIL2EwNF9pb m5lbmF1c3NiaHVzcy9hbmh vZXJ1bmdlbi84MDExMzqtODAxMTM4&mod=mod541724 [letzter Zugriff: 12.1.1.2020] [zitiert: Stellungnahme]
- 2 BVerfG, Beschl. des Ersten Senats vom 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16, Rz. 1-69 [zitiert: BVerfG 2017), http:llwww.bverfq.de/elrs20171010 1bvr201916.html [letzter Zugriff: 12.09.2019].
- 3 Ebd., S. 3.
- 4 Vgl. BVerfG, Beseht. des ersten Senats vom 06.12.2005 – 1 BvL 3103- Rz. 71, http://www.bverfg.de/e/Js20051206 1 bv/000303 .html [letzter Zugriff: 16.09.2019)
- 5 So auch Prof. Dr. Anna K. Mangold, Stellungnahme (Anhörung) am 12.02.2020 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Änderung des Artikels 3 Absatz 3 – Einfügung des Merkmals „sexuelle Identität“) BT-Drucksache 19/13123, S. 4, https:llwww.bundestaq.de/resourcelblobl682202/fcf651cce7d7e18c567058227b4f6ce4/manqold-d.aptdaf [letzter Zugriff: 18.02.2020}. Vgl. auch Susanne Baer/Nora Markard, Art. 3 Abs. 3, in: H.v.Mangoldt, F.Klein, C.Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, München, 7. Aufl. 2018, Rn. 452 [zitiert: Baer/Markard].
In seiner Entscheidung zur dritten Option gewährt das BVerfG jenen Personen Diskriminierungsschutz, welche ,,. .. weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen sind.“6 Das bedeutet im konkreten Fall, dass die klagende Person mit „Varianten/Störung der Geschlechtsentwicklung“ (X-Chromosom und fehlendes zweites Gonosom, sog. Turner-Syndrom), die aufgrund ihrer körperlichen Konstitution weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen war, wegen Verletzung der Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 (allgemeines Persönlichkeitsrecht) und des Art. 3 Abs. 3 GG (Verbot der Diskriminierung wegen des Geschlechts) das Recht zuerkannt bekam, einen dritten positiven Geschlechtseintrag im Personenstandsregister auf der Gmndlage des zu reformierenden Personenstandsgesetzes (PStG) zu erwirken.
Das heißt, Personen, welche körperlich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen sind, werden nach Art. 3 Abs. 3 GG diskriminiert, weil sie beim Standesamt (wegen des bisher geltenden binären Geschlechtermodells) keinen positiven Geschlechtseintrag erhalten können. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Das BVerfG bezieht sich zwar bei der Erläuterung des Schutzes der geschlechtlichenIdentitätdurch das allgemeine Persönlichkeitsrecht auf seine Rechtsprechung zum TSG7; was es hingegen nicht tut, ist eine Subsumierung von Transsexuellenunter den Diskriminierungstatbestand des Art. 3 Abs. 3 GG und damit eine Gleichsetzungder rechtlichen Situation von Inter- und Transsexuellen in Bezug auf den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister8.
Zwar gibt es, wie die Autorin zu Recht anmerkt, ,,kein Geschlecht ohne Geschlechtsidentität“;9 Ob es hingegen im Umkehrschluss eine Geschlechtsidentität ohne bzw. mit entgegengesetztem (körperlichem) Geschlecht geben kann, ist höchst umstritten10 und keinesfalls „Stand der Forschung“11, wie die Autorin unrichtigerweise unterstellt. Sollte letzteres doch ausnahmsweise einmal der Fall sein, sind an die Änderung des Geschlechtseintrags zur Abwehr beliebiger Personenstandswechsel hohe Anforderungen zu stellen, weil der Geschlechtseintrag Beweisfunktion hat und sich aus ihm Rechte (z.B. Frauenförderung) und Pflichten der betreffenden Person ableiten. Die rechtliche Überwindung eines körperlich eindeutigen weiblichen oder männlichen Geschlechts bedarf aus diesem Grund eines verbindlichen rechtsgestaltenden Verfahrens (§ 4 Abs. 3 TSG).12
Da es also verschiedene Ausgangssituationen bei inter- und transsexuellen Personen gibt, liegt auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung in Bezug auf die Voraussetzungen für einen rechtlichen Geschlechtswechsel vor.13 Demzufolge hat das BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken, an die personenstandsrechtliche Anerkennung eines Geschlechtswechsels bei Transsexuellen besondere Voraussetzungen zu knüpfen. Das ergibt sich allein schon aus seiner Rechtsprechung der Jahre 2011 und 2017.14
- 6 BVerfG 2017 (Fn. 2), Rz. 40.
- 7 Ebd., Rz. 39
- 8 Vgl. Rz. 56ff. So aber die Autorin in ihrer Stellungnahme (Fn. 1), S. 8 .
- 9 Stellungnahme (Fn. 1), S. 3.
- 10 Vgl. z.B. Deutsche Gesellschaft für Sexualmedizin, Sexualtherapie und Sexualwissenschaft, Stellungnahme, 17. November 2018. Zur Leitlinie ,Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Transgesundheit: S-3 Leitlinie zur Diagnostik, Beratung und Behandlung (AWMF-Registemr. 138/001)‘, https:llwww.dgsmtw.de/appldownload/11334221/DGSMTWStellungnahme S3-LL Trans E1 VO.pdf [letzter Zugriff: 13.01.2020).
- 11 Vgl. Stellungnahme (Fn. 1), S. 3.
- 12 So auch BGH, Beschluss vom 22.04.2020, XII ZB 383/19, Rz. 48, http:lliuris.bundesqerichtshof.delcqi binlrechtsprechungldocument.py?Gericht=bgh&Art=en&sid – 6668fa99a8cb55a6de6d911204bce4bb&nr- 106062 & pos=O&anz=1&Blank=1 .pdf [letzter Zugriff: 13.06.2020] [zitiert: BGH]
- 13 Vgl. ebd., Rz. 48, 45.
- 14.BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 17.10.2017 -1 BvR 747117- (Nichtannahmebeschluss) , Rz . 6, 10, https:l lwww.bundesverfassunqsqericht.de/SharedDocs/Entscheidunqen/DE/2017r1k120O1/71017 1bvr074717.ht ml {letzter Zugriff: 19.11.2020]; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 11.01.2011 -1 BvR 3295/07-, Rz. 64, 66, http:llwww.bverfq.de/e/rs201101111bvr329507.html [letzter Zugriff: 12.09.2019].
Der verfassungsrechtliche Schutz vor Diskriminierung auf Grund des Geschlechts: Frauen, Trans*, Inter*, non-binär, queer
Schritt 1 gegen Frauen: TRA-Lobby relativiert Geschlecht
In Verfolgung ihres Ziels, allen sexuellen Minderheiten – ungeachtet ihrer unterschiedlichen Ausgangssituation oder ihrer schwammigen Begrifflichkeit – den gleichen verfassungsrechtlichen Schutz angedeihen zu lassen, bedient sich die Autorin der queertheoretischen Vorstellung vom biologischen Geschlecht als „Kontinuum“15 oder als „Prozess“16 eine in der Fachwelt höchst umstrittene Annahme.17
Neben ihrer naturwissenschaftlichen Unhaltbarkeit wird damit die Bedeutung von Geschlecht relativiert (Schritt 1).
Schritt 2 gegen Frauen: Transpersonen werden durch Geschlechterrollen diskriminiert, Frauen nicht
Sodann erfährt der verfassungsrechtliche Diskriminierungsschutz wegen des Geschlechts (Art. 3 Abs. 3 GG) – 1949 zum Schutz von Frauen geschaffen – eine Aufteilung: Die „externe Dimension außerhalb der imaginierten Binarität“ für die sexuellen Minderheiten und die „interne Dimension innerhalb der statuierten Zweigeschlechtlichkeit“.18 Dabei beruhe die externe Dimension von Geschlechtsdiskriminierung auf der Ablehnung „zugewiesener Geschlechterrollen“ bzw. ,,auf der Non-Konformität mit dem binären Modell“, während die interne Erscheinungsform häufig gerade mit dem (geschlechterrollen-)konformen Verhalten verknüpft“ sei.19
Erstaunlich ist schon an dieser Stelle, dass die Autorin bei sexuellen Minderheiten die Diskriminierung aufgrund der „Ablehnung zugewiesener Geschlechterrollen“ annimmt, bei Frauen hingegen nicht: Im Verhältnis zu Männern, d.h., in der „internen Dimension“ wird Diskriminierung einzig mit ,,(geschlechterrollen-) konformem Verhalten in Verbindung gebracht (Schritt 2).
Das ist wenig nachvollziehbar, werden doch Frauen gerade auch für ihr nicht geschlechterrollenkonformes Verhalten in Bezug auf Männer diskriminiert. Diese künstliche Trennung zwischen geschlechterrollenkonformem und geschlechterrollennonkonformem Verhalten bei Frauen, welche strukturelle Benachteiligung in einer männerdominierten Gesellschaft erfahren, macht wenig Sinn. Cui bono?
Schritt 3: Geschlechterdiskriminierungsverbot und Frauenförderung
Schließlich setzt die Autorin Art. 3 Abs. 2 und 3 GG zueinander in ein Verhältnis: Zwar sei Art. 3 Abs. 3 GG „grundsätzlich auch für Frauen“ anwendbar, aber: Art. 3 Abs. 2 GG als das Gleichstellungsgebot sei die „speziellere Regelung“20. Nach dem Motto „lex specialis derogat legi generali“ ist Art. 3 Abs. 3 GG für sexuelle Minderheiten reserviert, während Frauen Art. 3 Abs. 2 GG verbleibt (Schritt 3)21
- 15 Stellungnahme (Fn. 1), S. 4.
- 16 Ebd., S. 5.
- 17 Vgl. z.B. Co/in Wright, Dr., Emma Hilton, Dr., Sex is binary: Scientists speak up forthe empirical rea/ity of biologica/ sex, 14 February 2020, Fair Play For Warnen, https:llfairplayforwomen .com/scientistsspeakl [letzter Zugriff: 13.03.2020]
- 18 Stellungnahme (Fn. 1), S. 5.
- 19 Ebd., S. 5f.
- 20 Ebd ., S. 6.
- 21 Diese Aufteilung zwischen Abs. 2 und 3 findet in der Rechtsprechung des BVerfG keine Stotze, vgl. Baer/Markard (Fn. 5), Rn. 446: ,,Die Rspr . zu Abs. 3 S. 1 war und ist von Fragen der Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen geprägt …“ Der strukturelle Diskriminierungsschutz nach Art. 3 Abs. 3 GG gilt i.ü. weder für Trans-Personen (s.o. 1.1) noch für Lesben und Schwule, vgl. Baer/Markard (Fn. 5), Rn. 459.“
Mit diesem „Kunstgriff“ wird unzulässigerweise der Diskriminierungsschutz von Frauen und, z.B. Trans-Personen, auf eine Stufe gestellt (,.Parallelität des internen und externen Diskriminierungsschutzes“), und Diskriminierungsschutz von Frauen systemimmanent auf den „Schutz von Frauen vor Benachteiligung und Gewalt innerhalb der Logik binärer Geschlechterverhältnisse“ reduziert, während sexuelle Minderheiten ganz allgemein wegen ihrer „Abweichung von der Heteronorm“ geschützt werden.22
Stellungnahme Lembke (Pdf Download)
Die Autorin bleibt hier indes eine Erklärung schuldig, warum die konstruierte „Parallelität“ des Diskriminierungsschutzes nicht automatisch eine Interessenkollision beinhaltet. Sie verweist stattdessen auf den Gesetzgeber – als Erfüllungshilfe ihrer queergeleiteten rechtlichen Konstruktion -, für den die Ausbalancierung des Diskriminierungsschutzes von Frauen „auf Grund ihres Geschlechts“ einerseits und Trans-, Inter- und non-binären Personen „auf Grund ihres Geschlechts“ andererseits „eine große Herausforderung “ sei.23 Eigene Ideen für eine Lösung des Problems steuert sie indes nicht bei.
2. Aktueller Regelungsbedarf
2.1 Diskriminierungsfreie Anerkennung von Geschlecht(sidentitäten)
Ausgehend vom erneut behaupteten verfassungsrechtlichen Diskriminierungsschutz aufgrund der Geschlechtsidentität auch für Trans-Personen – sonst werde „Geschlecht als Rechtsbegriff ebenso verkannt wie der Stand der Forschung“ – fordert die Autorin „die Anerkennung von Geschlechtsidentitäten“ in einem anstatt zwei Regelungsgegenständen (TSG und PStG), ,,da eine Unterscheidung zwischen biologischem Geschlecht und Geschlechtsidentität verfassungsrechtlich eben ausscheidet.“ 24
Diese Formulierung drückt sehr verklausuliert aus, dass nach Ansicht der Autorin die sog. gefühlte „Geschlechtsidentität“ das „Geschlecht“ eines Menschen ausmachen soll, unabhängig von seinem körperlichen Geschlecht, das bei 99,8% der deutschen Bevölkerung entweder männlich oder weiblich ist25.
Eine solche Sichtweise grenzt nicht nur an Absurdität, da sie biologische Fakten leugnet (,,Bemühungen , zwischen einem angeblich definierbaren biologischen Geschlecht und einem angeblich rein subjektiven Geschlechtsempfinden zu unterscheiden“26) , sondern sie zielt auch darauf ab, körperliches Geschlecht unsichtbar oder irrelevant zu machen. 27
Letzteres zeigt sich auch daran, dass die Verfassungskonformität der in § 1 Nr. 1 und 2 TSG für einen Vornamenswechsel geforderten Nachhaltigkeit der transsexuellen Prägung in Zweifel gezogen wird einjährige Sperrfristen bis zu einer erneuten Änderung des Geschlechtseintrags nur als zulässig erachtet werden, ,,um eine Überlastung der Behörden zu vermeiden“.28 Die Beliebigkeit des Geschlechtswechsels macht das Geschlecht als rechtliche Kategorie letztendlich überflüssig.
- 22 Stellungnahme (Fn. 1), S. 6.
- 23 Ebd.
- 24 Ebd., S. 8.
- 25 Vgl. Nachweise bei BVerfG 2017 (Fn. 2), Rz. 10
- 26 Stellungnahme (Fn. 1), S. 3.
- 27 Darauf zielt auch das Plädoyer für ein geschlechtsunabhängiges Abstammungs- und Familienrecht ab, ebd.,S. 11f.
- 28 bd., S. 8
Frauen, die aufgrund ihres biologischen Geschlechts diskriminiert und unterdrückt werden, hätten bei einem Verschwinden der rechtlichen Kategorie „Geschlecht“ oder der (erweiterten) Kategorie „Frau“, deren Körper nicht (mehr) unbedingt weiblich ist, das Nachsehen.
Wie soll der Staat dem Gleichstellungsgebot von Männern und Frauen sowie der Beseitigung geschlechtsspezifischer Diskriminierung nachkommen, wenn ihm die statistischen Nachweise fehlen, wie viele Frauen in welchen Bereichen der Gesellschaft diskriminiert werden, ja wenn die statistische Größe „Frau“ verschwindet? Wie soll Frauenförderung umgesetzt werden, wenn den betroffenen Frauen mangels Geschlechtseintrag der Nachweis fehlt, dass sie Frauen sind?
Aus Sicht der Autorin handelt es sich bei der missbräuchlichen Nutzung der Möglichkeit zur Anerkennung der eigenen Geschlechtsidentität im Personenstandsrecht hingegen nur um ausgeprägte „Angst“, die „eher irritierend als zielführend“ sei. Frauen sollten zwar weiterhin Diskriminierungsschutz genießen und ihre Gleichberechtigung gefördert werden, die Geltendmachung ihres Grundrechts auf Schutz und Förderung sollte sich aber „nicht in den Dienst neuer biologischer ,Wahrheiten‘ mit dem Ziel der Abwertung, Ausgrenzung und Benachteiligung geschlechtlicher Minderheiten stellen lassen.“29
Es bleibt das Geheimnis der Autorin, was sie mit „neuen biologischen ,Wahrheiten“‚ meint.
Es sind die alten biologischen Wahrheiten, welche Frauen ein Leben voller Diskriminierungen, fehlender Chancen und Unterdrückung beschert (z.B. Gewalt bis zum Femizid, Genitalverstümmelung.)
Da ist es nur folgerichtig, wenn die mühsam errungenen Gleichstellungserfolge auf Grund des Geschlechts sowie die Beibehaltung frauenspezifischer Schutz- und Autonomieräume verteidigt werden!30
Doch dafür hat die Autorin nur Verachtung übrig: ,,Solidarisches Handeln führt meist weiter als der Streit marginalisierter Gruppen um bewusst zu knapp gehaltene Ressourcen“.31 Frauen – immerhin 50% der Bevölkerung, für die besonders eine Mutter des Grundgesetzes, Elisabeth Seibert, die Aufnahme von Art. 3 in das Grundgesetz erstritten hat -, sind nun zur „marginalisierten Gruppe“ geworden, die sich den verfassungsrechtlichen Diskriminierungsschutz aufgrund des Geschlechts mit anderen „marginalisierten Gruppen“ teilen muss und mit ihnen um Ressourcen streitet. Da fragt sich, wer wen abwertet.
Auf Debatten über die Ausgestaltung von Schutzräumen vor geschlechtsspezifischer Gewalt will sich die Autorin gar nicht einlassen, bevor nicht der Staat den Betroffenen mehr Unterstützung zukommen lässt – ,,erst , wenn Ressourcen zu verteilen sind, kann über die konkrete Verteilung gesprochen werden.“32
- 29 Ebd.
- 30 Vgl. Women’s Human Rights Campaign, Declaration on Women’s Sex Based Rights, o.J., https:/lwomensdeclaration.coml {letzter Zugriff: 08.05.2020]; Stellungnahme WHRC Germany zum Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen und FDP, https:llwww.womensdeclaration.comldocuments/90/Latest Stellungnahme WHRC 19755 20048 all e Ausschusse.pdf [letzter Zugriff: 22.11.2020]; Stellungnahme LAZ reloaded e.V. zum Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen, https:llwww.bundestag.delresource/blob/802756/5268675416fdb9c6c531039b6950ecfc/A-Drs-19-4- 628-data.pdf {letzter Zugriff: 22.11.2020).
- 31 Stellungnahme (Fn. 1), S. 8.
- 32 Ebd., S. 9, Fn. 26. Das Plädoyer der Autorin für Unisex-Toiletten und gemischten Strafvollzug verhöhnt die Erfahrungen der Britinnen, welche über sexuelle Belästigung bis hin zur Vergewaltigung von Frauen durch Trans-Personen in Unisex-Toiletten und im Strafvollzug klagen, vgl. Stephanie Davies-Arai: ,,Self-Declared Gender ldentity: The Impact on Children and Adolescents“, htt p://transqendertrend.comltransqender-law-concerns [letzter Zugriff: 23.01.2020]; Brendan O’Neill, A rapist in a women’s prison? Society has lost the plot – lt is time people took a stand against the trans ideology, 11 September 2017, https:llwww.spiked-online.com/2017109/1/1a-rapist-in-a-womens prison-society-has-lost-the-plotl [letzter Zugriff: 05.05.2020); Hanna Dah/berg, Vom Antifeminismus der Transaktivisten, in: Die Störenfriedas, 02. März 2020, https:lldiestoerenfriedas.delderantifeminismus-der-transaktivisten [letzter Zugriff: 20.03.2020].
Frauen sind also nicht nur eine marginalisierte, sondern darüber hinaus auch eine zu vernachlässigende Gruppe – mehr Frauenverachtunggeht nicht.33
Da gerät der von der Autorin erwähnte Diskriminierungsschutz und die Frauenförderung zum bloßen Lippenbekenntnis. So weit ist es mit einer Professorin (auch) für Geschlechterstudien gekommen, dass sie sogar jetzt von der Bundesregierung „links“ überholt wird34.
Berlin, den 04.12.2020
i.A. Christiane Härdel Für den Vorstand
- 33 Viel/eicht eignen sich die Frauen ja noch als Leihmütter, um die reproduktiven Rechte von Trans Personen zu gewährleisten, vgl. ebd., S. 12. ·
- 34 „Koalition einigt sich auf Frauenquote“ {für DAX-Vorstände}, 20.11.2020, https:llwww.taqesschau.de/inlandlfrauenquote-16.5html {letzter Zugnff: 22.11.2020].
Victoria Feuerstein
Liebe Eva,
vielen Dank für diesen wieder einmal sehr erhellenden Artikel.
Auch ich habe mich im Laufe der Anhörung sehr ob der obskuren genannten „Begründungen“ gewundert.
Zunächst wurde der einzig medizinische Sachverständige, Dr. Korte, zu diskreditieren versucht, indem auf ominöse „neue biologische Erkenntnisse“ bezüglich der beiden Geschlechter verwiesen wurde. Alle anderen haben rein textwissenschaftliche Hintergründe oder anderweitige Kenntnisse, allerdings hat mWn niemand der Anwesenden einen medizinischen Hintergrund. Woher kommt die Arroganz, als Fachfremde einem Fachmann seinen Beruf erklären zu wollen?
Die menschliche Fortpflanzung ist ausschließlich zweigeschlechtlich. Dazu benötigt es eine Person, die große Gameten produziert (im Volksmund gemeinhin auch als „Frau“ bekannt) und eine Person, die kleine Gameten produztiert (im Volksmund gemeinhin auch als „Mann“ bekannt). Daran hat sich seit Anbeginn der Menschheit nichts geändert. Ebenso unveränderlich ist das angeborene menschliche Geschlecht.
Ein Genetiker der Universität Stanford war sogar so freundlich, das noch einmal für alle Unbedarften zu erklären: https://link.springer.com/epdf/10.1007/s12129-020-09877-8?sharing_token=Wju7pagbpWZw0t_qJTx1T_e4RwlQNchNByi7wbcMAY4m7bhVvT3i3HzK1MtbR0sAj3X6fKY8SAYEvIodxn7BFrNv6ieSienYmepjKKDkBglnsxWn6NeO6s4Zo5C6m_gL8phpEE2XN5aJvO10kfSpt9ram2k3vTA8YRK1yqMWOY0%3D
Jetzt sollen Männer, incl. ihrer Reproduktionsorgane (gemeinhin auch als „Penis“ bekannt), aber in Frauengefängnissen untergebracht werden. Weil sie es sich so wünschen. Was war die Begründung von U. Lembke dafür?
Prof.’in Ulrike Lembke zufolge habe der Strafvollzug „nur für Frauen“ große Nachteile (hier wird es also, perfide, als Vorteil für Frauen (!) zu verkaufen versucht, dass sie nun mit Männern eingesperrt werden sollen):
1. sie seien zu weit weg von ihren Familien untergebracht, da es ja so wenige Gefängnisse gäbe, die dadurch weit vom Wohnort entfernt sein könnten
2. das „oft sehr eingeschränkte Angebot von Aus- und Weiterbildung, das von Geschlechterstereotypen geprägt“ ist – da in Frauengefängnissen offenbar primär Kompetenzen von „Frauenberufen“ vermittelt würden.
Zudem nennt sie ein Hamburger Projekt, das zwar ein Schutzkonzept gegen sexuelle Gewalt im gemischtgeschlechtlichen Gefängnis vorweisen konnte, aber aus Kostengründen nicht fortgeführt wurde.
DAS sollen die Argumente DAFÜR sein, dass Männer in Frauengefängnisse kommen.
Nachzuhören ca. ab ~1:20
Ad 1: Sie impliziert damit, dass Männer auch nach der Transition männliches Gewaltverhalten an den Tag legen – was korrekt ist.
Männer sind auch im Gefängnis gewalttätig, unabhängig von der Selbstidentifikation. Etwa in dieser Studie nachzulesen: https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0016885
Nun sollen Männer halt einfach, weil sie es wollen, auch ohne Schutzkonzept ins Frauengefängnis verlegt werden.
Dabei sind – den meisten Menschen – Fälle bekannt, in denen ein inhaftierter Mann im Gefängnis übergriffig wurde. Google etwa „Karen White“, der wohl bekannteste Fall. Wie ein Schutz trotz fehlender Sicherheitmaßnahmen gewährleistet werden soll, steht weiterhin in den Sternen.
2. Statt aber weniger sexistische Angebote für die inhaftierten Frauen anzubieten, ist die Konsequenz, dass einfach Männer ins Frauengefängnis kommen – weil die, vor allem die Transidenten, ja bekanntlich auch „männliche“ Berufe ergreifen, oder wie? Klingt unklug, und nach Zementieren von Sexismus.
Wieso wird nicht einfach – sofern denn überhaupt gewünscht – das Weiterbildungsangebot für Frauen erweitert?
Wie können das ernsthaft Argumente DAFÜR sein, Männer in Frauengefängnissen unterzubringen? Da, wo Frauen überhaupt keine Möglichkeit haben, zu entfliehen? Wo ihnen ohnehin schon ihre Freiheit entzogen wird? Die Juristin selbst sagt, dass Schutzkonzepte zu teuer sind – aber dann richten wir eben keine ein, wird schon schiefgehen, oder wie? Weil inhaftierte Straftäter, von denen kein geringer Anteil eine Sexualstraftat begangen hat, ja unbedingt Zugang zu Frauen haben müssen – weil sie es so wollen?
In England und Wales wird bereits nach gefühlten Gendern, nicht nach dem tatsächlichen Geschlecht inhaftiert.
Das wirkt sich vielleicht positiv auf die Zufriedenheit der davon profitierenden Männer aus, hat für Frauen aber nur Nachteile. Studie: https://osf.io/preprints/socarxiv/43f2t/
Hinzu kommt, dass in Deutschland rund 91,6% der Vergewaltiger ohne Strafe davonkommen. Und die 8,4%, die wir verurteilen? Die kommen mit ins Frauengefängnis, wenn sie lieb fragen und sagen, dass sie eine ‚Frau‘ sind.
Frauen sollen also nicht nur ihrer Freiheit, sondern auch ihrer Sicherheit beraubt werden. Die sexuellen Übergriffe von transidentifizierten Männern auf Frauen zeugen davon, dass das überhaupt keine gute Idee ist – zumindest, wenn man verhindern will, dass Frauen vergewaltigt werden.
Dabei ist mittlerweile den Informierten schon „Schrödingers Trans Inhaftierter“ bzw. das „Trans Inmate Paradox“ bekannt. Rund die Hälfe der transidentifizierten Inhaftierten sind entweder Sexualstraftäter oder nach „Category A“ verurteilt, also der höchsten Sicherheitsstufe mit der größten Gefahr für die Allgemeinheit. Das liegt über der Zahl der durchschnittlichen männlichen Inhaftierten. Quellen: https://fairplayforwomen.com/transgender-prisoners/
Bedeutet das nun
A), dass besonders viele Sexualstraftäter und Gefährder der Allgemeinheit Transidentifizierte sind oder
B), dass besonders viele Transidentifizierte Sexualstraftäter und Gefährder sind?
Keine der beiden Optionen spricht dafür, diese gefährlichen Personen nun auch noch mit Frauen unterzubringen.
Schade, dass sich die Juristinnen darüber entweder nicht informiert haben, oder keine Gedanken gemacht haben, oder diese Umstände mutwillig mit mehr als schwachen ‚Argumenten‘ als positiv zu verkaufen versucht haben. Ich wundere mich über diese Bereitwilligkeit zur Blamage und dem offenkundigen Mangel an Berufsethos. Ebenso verwunderlich sind die positiven Reaktionen einer Großzahl der Politikerinnen und Politiker, die entweder auf blindem Eifer oder Unverständnis beruhen müssen, denn ich unterstelle diesen Personen, dass sie klug genug sein müssten, die gravierenden Defizite in Forderungen und ‚Argumentation‘ ebenfalls zu bemerken.
Es ist mir wirklich schleierhaft, wie sich diese Personen offen mit so hanebüchenen Begründungen in die Öffentlichkeit stellen können. Wenn so abstruse, frauenfeindliche Gesetze mit aller Gewalt durchgepresst werden sollen, dann sollte sich doch bitte wenigstens die Mühe gemacht werden, sich etwas plausiblere Begründungen für die fragwürdigen eigenen Ziele auszudenken.
Wirklich peinlich, was da abläuft.
Danke noch einmal, Eva, und herzliche solidarische Grüße
Victoria
engelkeneva
Liebe Victoria,
vielen Dank für diese wichtigen Hinweise und all die Quellenverweise! Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, dass hier ein frauenfeindliches Konzept mit allen Mitteln durchgedrückt werden soll. Ich hoffe aber, dass genug Menschen rechtzeitig aufwachen und sich dem entgegenstellen werden!
Herzliche solidarische Grüße zurück – Affidamento!
Eva
Melli Beinhorn
Die Replik von Frau Schumann macht schon mal Mut, danke LAZ!
Ich sähe es gern, wenn noch viele andere Verbände, insb Frauenverbände solch großkalibrigen juristischen Sachverstand auffahren würden und zwar möglichst öffentlich. Ein Strategiepunkt der Translobby ist ja auch, weltweit ähnliche Gesetze wie das hier entworfene möglichst GERÄUSCHLOS durchzuschleusen. Sonnenklar, warum. Und genau deshalb braucht es noch viel mehr mediale und öffentliche Aufmerksamkeit. Danke Eva Engelken, dass Sie dazu beitragen!
engelkeneva
Liebe Melli Beinhorn,
herzlichen Dank auch für Ihren Hinweis und Ihre ebenso pointierten wie erhellenden Tweets auf Twitter! Mit http://www.fairplayfuerfrauen.org werden wir eine Plattform schaffen, die hoffentlich genug Geräusche macht, um die mediale und öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen.
Herzliche Grüße, Eva
Martha
Vielen Dank für das Auseinandernehmen der juristischen Taktiken und Haarspaltereien! Ich habe die Anhörung gesehen und mir ist es auch aufgefallen, dass es taktisch ist, die Frauen sprechen zu lassen, um ein angeblich progressives Gesetz voranzutreiben. Dabei wurde auch überdeutlich, dass die BefürworterInnen des „Selbstbestimmungsgesetzes“ die Selbstbestimmung der Frauen, die vielleicht nicht wollen, dass ein Mann ihre Räumlichkeiten nutzt, und ihre Identität über Nacht annehmen darf, lächerlich gemacht haben.
Wenn man mal gesehen hat, wie die Männer reagieren, wenn ihnen etwas verwehrt wird, dann weiss man auch, warum viele Frauen das Thema bisher umschiffen. Denn man ist ja dann die Feindin, wenn man das nicht gut findet. Trotzdem, finde ich, sollte es da VIEL mehr Gegenwind geben.
Es nochmal in dieser im Detail auseinandergenommenen Analyse schwarz auf weiß vor mir zu haben, ist eine Wohltat. Vielen Dank!
engelkeneva
Merci beaucoup! Ich brauchte das auch für meine Seelenhygiene, diesen teilweise schwer zu ertragenden Worthülsen die Luft rauszulassen. Am Ende des Tages oder unterm Strich bleibt es nämlich dabei, dass die statt an eine binäres Geschlecht an eine vollkommen subjektive Geschlechtsidentität anknüpfenden Rechtsfolgen Frauenrechte entwerten und Jugendliche gefährden, ganz egal, wie weitschweifig juristisch man das begründet.
A. Weber
Es wird Zeit, dass der „gesunde Menschenverstand“ wieder die Oberhand gewinnt, auch zu diesem Thema. Guter Beitrag, Danke.
Edward von Roy
Herzlichen Dank für den informativen, aufklärerischen, mutigen und ermutigenden Text (Im Nebelkerzenschein: Was verschweigt und vernebelt die TRA-Lobby zum #Selbstbestimmungsgesetz?).
Einigen unserer Zeitgenossen, die, seltsam verbissen, die Grenze um die Kategorien Frau und Mann verwischen möchten, ist möglicherweise daran gelegen, dass die Öffentlichkeit zwischen Täter und Opfer nicht mehr so genau unterscheiden kann.
Kind ist Mensch unter achtzehn Jahre und Kind ist Mädchen oder Junge.
„We recognize the inherent right of all human beings to an intact body. Without religious or racial prejudice, we affirm this basic human right.We recognize the foreskin, clitoris and labia are normal, functional body parts. […]“ (Declaration of the First International Symposium on Circumcision. Adopted by the First International Symposium on Circumcision, Anaheim, California, March 3, 1989.)
Noch die geringst invasive Form der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) muss verboten werden, weltweit, also auch FGM Typ Ia oder Typ IV. Eine Legalisierung beispielsweise der sogenannten milden Sunna (FGM Typ Ia oder IV nach der Klassifikation der WHO) ist zu verhindern.
Der Begriff Female Genital Mutilation (FGM) wurde 1990 vom Inter-African Committee on Traditional Practices Affecting the Health of Women and Children (IAC) verwendet und von allen afrikanischen und internationalen Partnerkomitees übernommen. Die hohe Bedeutung der Verwendung des nicht beschönigenden Begriffs Verstümmelung, weibliche Genitalverstümmelung (mutilation, female genital mutilation) und eben nicht weibliche Beschneidung usw. (female circumcision, female genital alteration etc.), betont die fünfzehn Jahre jüngere Erklärung von Bamako / Mali (2005). (DECLARATION: on the Terminology FGM; 6th IAC General Assembly, 4 – 7 April, Bamako.)
Die sogenannten Beschneidungen, reden wir von HGM (human genital mutilation, das ist FGM female genital mutilation oder MGM male genital mutilation) sind nicht so uralt und ursprünglich, wie ihre Verteidiger den Menschen weis machen möchten.
Am beinahe in Vergessenheit geratenen Anfang der Menschheitsgeschichte standen nicht der Zugriff des frommen oder traditionsbewussten Erwachsenen auf den einer symbolischen, einer blutigen zweiten Geburt unterzogenen Kinderkörper und die Amputation von einem Stück des kindlichen Geschlechtsteils, sondern im Anfang war der intakte, der heile Körper, zu dem ein heiles Geschlechtsorgan gehört.
Die Beschneidung macht das Kind nicht gesund oder glücklich, sondern ist eine Störung der Harmonie des Kinderkörpers, des Weltalls sowie der Mutter-Kind-Beziehung und Vater-Kind-Beziehung, wobei wir bei Kind zwischen Junge und Mädchen nicht zu differenzieren haben, was das deutsche Recht, Gleichbehandlung als Staatsziel, auch gar nicht kann. „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“ (Art. 3 Abs. 2 GG).
Edward von Roy, Diplom-Sozialpädagoge (FH)
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Ab hier Zitate.
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2022 / arte
23.07.2022 / 23. Juli um 22:00 / Dokus und Reportagen / arte
Regie : Insa Onken
Land : Deutschland
Jahr : 2022
Herkunft : SWR
53 min
Jungenbeschneidung — Mehr als nur ein kleiner Schnitt
Die Entfernung der Vorhaut (…) immer mehr Ärztinnen und Ärzte kritisieren, dass viel zu häufig operiert wird (…) immer mehr Ärztinnen und Ärzte sagen, dass der Schaden größer sei als der gesundheitliche Nutzen und dass viel zu häufig ohne medizinische Notwendigkeit operiert werde.
Betroffene, die unter ihrer Beschneidung leiden, wagen zunehmend den Schritt an die Öffentlichkeit. Sie fordern, dass Jungen vor medizinisch nicht notwendigen Beschneidungen geschützt werden und so ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit gewahrt wird. So wie Florian. Der 22-Jährige ist sich sicher, dass seine Beschneidung als Kind medizinisch nicht nötig war. Über alternative Möglichkeiten wurden seine Eltern damals vom behandelnden Arzt nicht aufgeklärt. Jetzt will Florian vor Gericht klären, ob der Arzt falsch gehandelt hat.
Trotz zunehmender Kritik ist die Meinung, dass eine Beschneidung viele Vorteile bringe, noch immer weit verbreitet. In Afrika empfahl die WHO die Beschneidung im Kampf gegen AIDS. Infolgedessen wurden Millionen Säuglinge und Jungen präventiv beschnitten. Doch viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bezweifeln, dass dadurch das Risiko einer Ansteckung mit HIV tatsächlich verringert werden kann. Nach zunehmender Kritik stoppte die WHO 2020 das Beschneidungsprogramm, doch die Auswirkungen der Kampagne sind noch heute deutlich zu spüren.
Die Dokumentation geht der Frage nach, wann eine Beschneidung medizinisch tatsächlich sinnvoll ist, und stellt die Ethik dieser jahrtausendealten Praktik kritisch in Frage.
https://www.arte.tv/de/videos/089058-000-A/jungenbeschneidung/
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Jungenbeschneidung — Mehr als nur ein kleiner Schnitt
Ein Film von Insa Onken Im Auftrag des SWR für ARTE
23.07.2022, 21:58 Uhr, ARTE
https://www.thurnfilm.de/jungenbeschneidung-mehr-als-nur-ein-kleiner-schnitt/
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Stand Dezember 2021
AWMF REGISTER NUMMER 006-052
S2k Leitlinie „Phimose und Paraphimose bei Kindern und Jugendlichen“
(…) Das Präputium ist ein physiologischer Bestandteil des männlichen äußeren Genitales mit zahlreichen unterscheidbaren Funktionen. (…)
2. Definition
Eine Phimose (Vorhautenge, aus griech. „phimos“ = „Maulkorb, Knebel“) bezeichnet die Unmöglichkeit der atraumatischen Retraktion des Präputiums über die Glans. Dies ist im Säuglings- und Kleinkindesalter ein physiologischer Zustand, weshalb auch von einer „physiologischen Phimose“ gesprochen wird. Diese ist also kein pathologischer Zustand, sondern eine anatomische Gegebenheit, die einer Entwicklung mit Weitung bis zum Abschluss der Pubertät unterliegt. Die Pathologie kann also nicht über das Vorliegen einer Enge per se definiert werden, sondern nur durch das Vorliegen meist sekundärer Störungen mit akuten bzw. mit unmittelbar drohenden Beschwerden mit Krankheitswert (z. B. nach Aufnahme sexueller Aktivität).
Empfehlung 1: Die Pathologie soll nicht über das Vorliegen einer Enge per se definiert werden, sondern nur durch das aktuelle Vorliegen oder zeitnah zu erwartende Auftreten von Beschwerden und/oder sekundären Störungen mit Krankheitswert. (9/10)
(…)Die somatosensorische Innervation der Vorhaut, die unter anderem für Berührungsempfindlichkeit und Wahrnehmung der Körperlage und –bewegung im Raum (Propriozeption) verantwortlich ist, (…)
Meißner-Tastkörperchen reagieren vor allem auf schnelle, Merkel-
Körperchen auf langsame Druckveränderungen und Vater-Pacini-Körperchen vermitteln das Vibrationsempfinden.
(…) Die gute Durchblutung, ein hoher Phagozyten- und Lysozymanteil des Flüssigkeitsfilmes, sowie die in der Epidermis gelegenen Langerhans Riesenzellen lassen dem Präputium auch eine immunologische Rolle zukommen (Lee-Huang 1999, de Witte 2007).
awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/006-052l_S2k_Phimose-Paraphimose-Kinder-Jugendliche_2022-03_02.pdf
https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/006-052l_S2k_Phimose-Paraphimose-Kinder-Jugendliche_2022-03_02.pdf
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